Mitte Oktober fuhren fast dreißig Bürgermeister, Energiemanager, Vertreter der Energiewirtschaft und Manager tschechischer Müllverbrennungsanlagen nach Schwandorf in Bayern, wo seit 40 Jahren ein Müllheizkraftwerk in Betrieb ist. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projekts „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Senkung der Energieeffizienz“ statt, das vom deutschen Programm „Europäische Klimaschutzinitiative“ (EUKI) unterstützt wird.
Schwandorf, Bayern, ist eine der größeren Kreisstädte, in der seit 40 Jahren sehr erfolgreich ein Müllheizkraftwerk betrieben wird. Es verbrennt den Müll von einem Fünftel Bayerns. Das war auch der Grund, warum die Bürgermeister und Energiemanager des Energieeffizienz-Netzwerks, einem grenzüberschreitenden Kooperationsprojekt, hierher kamen. Es zeigte sich, dass Fragen der Abfallverwertung, sei es im Zusammenhang mit dem Ende der Deponierung oder den aktuellen Energiepreisen, für die Kommunen heute ein besonders aktuelles Thema sind.
Ende der 1980er Jahre gehörte der Landkreis Schwandorf zu den ärmsten Regionen Bayerns, und die Chemiewerke – der einzige große Arbeitgeber in der Region – waren von der Schließung bedroht. Die Stadtverwaltung beschloss daher, einen Zweckverband aus 17 Gemeinden zu gründen, dem das Abfallverwertungswerk, wie die Anlage offiziell heißt, unterstellt ist. Der Verband stand vor zwei Herausforderungen: eine rentable Abfallentsorgung und die Schaffung von Arbeitsplätzen in einem Gebiet, in dem die Arbeitslosigkeit auf 15 Prozent gestiegen war. Dem Verband gelang es, alle Genehmigungen in Rekordzeit zu erhalten, und der Bau konnte beginnen. In nur drei Jahren wurde die erste Tonne Abfall entsorgt.
Obwohl in Bayern 25-30% aller Abfälle in Verbrennungsanlagen landen, müssen Abfälle aus einem Gebiet von der Größe der Tschechischen Republik gesammelt werden. Um eine Erhöhung der Emissions- und Lärmbelastung zu vermeiden, beschloss die Betriebsleitung, den Abfall mit der Bahn zu transportieren. Nur etwa 20 % aller Abfälle werden auf der Straße angeliefert. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Siedlungsabfälle aus Schwandorf, bei denen ein Umladen von den Kuckuckswagen auf die Bahn nicht sinnvoll wäre.
Das Herzstück der Anlage sind 4 Verbrennungslinien, die jährlich 455.000 Tonnen Siedlungsabfälle von rund 1,8 Millionen Einwohnern in Dampf, Strom und Wärme umwandeln. Zur Veranschaulichung: Für den Jahresverbrauch einer vierköpfigen Familie reicht es aus, 3,5 Tonnen Abfall zu verbrennen, was dem Volumen eines Baggerkrans in einem Bunker entspricht. Dank Kunststoffen und biogenen Stoffen ist der Heizwert des verbrannten Abfalls vergleichbar mit dem von Braunkohle.
Da Schwandorf die höchsten Anforderungen an eine schadstoffarme Verbrennung erfüllt, werden hier oft recht kuriose Dinge entsorgt: Scheckdrucke aus der Druckerei für Banknoten und Wertpapiere, gefälschte Originalprodukte, tausende weggeworfene Shampooflaschen aus Kunststoff, aber auch Gegenstände aus dem Polizeilager, die entsorgt werden, wie Drogen, Beweismittel und alles, was geschreddert werden muss. Unwissentlich und vor allem unbeabsichtigt wurden auch bereits scharfe Munition, Handgranaten und sogar Panzergranaten aus einer nahe gelegenen US-Militärbasis verbrannt. Da es sich nicht um einen Einzelfall handelt